Manchmal sitzt man einfach nur da, auf dem Sofa, mit einem warmen Kaffee in der Hand, draußen regnet’s leise, und für einen winzigen Moment fühlt sich alles einfach richtig an. Kein Lottogewinn, keine neue Liebe, keine Beförderung. Einfach nur: ein Gefühl von innerer Ruhe. Und kaum ist es da, versucht man, es festzuhalten, es zu analysieren, zu verstehen – woher kam das jetzt? War’s der Kaffee? Die Stille? Oder war’s doch dieser neue Polsterbezug, den man sich endlich gegönnt hat?

Glück ist seltsam. Es kommt, bleibt kurz – oder verschwindet wieder, wenn wir zu fest hinsehen. Und so wie es kommt, ist es auch völlig verschieden. Der eine braucht dafür den Jahresbonus auf dem Konto. Die andere reicht ein Spaziergang mit dem Hund. Ein Dritter fühlt sich am glücklichsten, wenn er stundenlang Sudoku löst, während jemand anders schon beim Gedanken daran in die Tischkante beißen möchte.

Forscher haben sich diesem schwer greifbaren Zustand mit langen Fragebögen, klugen Statistiken und riesigen Datenmengen genähert. Und sie sind zu einem Ergebnis gekommen, das klingt wie ein einziges großes „Kommt drauf an.“ Denn: Manche Menschen fühlen sich nur dann wirklich zufrieden, wenn äußere Dinge in Ordnung sind – Job läuft, Partner nett, Körper fit. Andere wiederum blühen auf, ganz egal, was um sie herum passiert, als hätten sie eine Art inneres Glücks-WLAN, das sogar durch Betonwände sendet. Wieder andere brauchen beides, und dann gibt es da noch jene, bei denen Glück einfach so auftaucht – scheinbar ohne Zusammenhang. Wie ein Überraschungsei der Seele.

Das Spannende dabei: All diese Menschen leben gleichzeitig auf dieser Welt. Vielleicht sogar in der gleichen WG. Der eine wird unglücklich, weil das WLAN zu langsam ist, die andere summt fröhlich vor sich hin, obwohl ihre Bewerbung gerade zum fünften Mal abgelehnt wurde. Wer hat nun recht? Alle. Denn das Glück ist keine Formel, sondern eher wie ein Lieblingslied – für jeden klingt es anders, selbst wenn dieselben Töne erklingen.

Und trotzdem tun wir so oft so, als gäbe es diesen einen Schlüssel zum Glück. Mehr Sport, mehr Geld, mehr Achtsamkeit, mehr Detox, weniger Instagram, mehr Coaching. Manchmal funktioniert das auch – aber eben nicht für alle. Wer zum Beispiel glaubt, dass ein besserer Job ihn glücklich machen wird, kann bitter enttäuscht sein, wenn sich die Leere trotz schickem Titel nicht verzieht. Und wer denkt, er müsse nur meditieren, um zufrieden zu sein, könnte daran verzweifeln, dass die Gedanken einfach nie stillstehen wollen.

Vielleicht liegt das eigentliche Problem darin, dass wir Glück oft wie eine Leistung betrachten. Etwas, das man schaffen, erarbeiten, optimieren kann. Dabei ist es vielleicht eher wie ein Wetterphänomen: Du kannst gewisse Bedingungen schaffen, aber du kontrollierst es nicht komplett. Es ist nicht immer vorhersehbar, aber du kannst lernen, deinen Schirm dabeizuhaben – oder den Regen zu genießen.

Denn die große Erkenntnis der Glücksforschung lautet im Grunde: Es gibt nicht den einen Weg. Für manche sind Beziehungen das A und O, für andere sind es berufliche Erfolge. Und wieder andere finden ihr Glück in Dingen, die Außenstehende gar nicht sehen: innerer Frieden, spirituelle Klarheit oder das gute Gefühl, niemandem etwas schuldig zu sein.

Was daraus folgt? Dass wir aufhören sollten, unsere Zufriedenheit an der Zufriedenheit anderer zu messen. Und dass wir mehr zuhören sollten – uns selbst und einander. Vielleicht hilft es, sich weniger zu fragen: „Was fehlt mir zum Glück?“ und stattdessen öfter: „Wann war ich das letzte Mal wirklich zufrieden – und warum?“

Wenn wir ehrlich sind, ist das Glück nicht immer spektakulär. Es liegt oft im Unscheinbaren: dem Moment, wenn man am Morgen die Augen öffnet und merkt, dass nichts weh tut. Wenn ein Fremder freundlich lächelt. Wenn man bei einem Lied einfach mal tanzt, obwohl keiner zuschaut – oder gerade deshalb.

Vielleicht ist das wahre Geheimnis des Glücks, dass es keine Formel braucht. Sondern nur die Erlaubnis, es in kleinen Momenten zu finden. Auch – und gerade – dann, wenn das Leben nicht perfekt ist. Und wer weiß: Vielleicht ist es genau dann am schönsten.

Von Kamuran Cakir

Aus einem anderen Blickwinkel

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