„Fürchte die Arbeit nicht, die Arbeit soll dich fürchten.“ Diesen Satz hörte ich oft von meiner Großmutter, und genauso sagte es meine Mutter und im Nu machte sie sich an ihre Arbeit ran. Auch wir sollten uns immer wieder an diesen Satz  erinnern, vor allem dann, wenn uns die Angst vor einer Aufgabe oder Herausforderung überkommt. Denn was steckt wirklich dahinter? Warum ist es so wichtig, uns daran zu erinnern, dass die Arbeit uns nicht überwältigen sollte, sondern umgekehrt? Es geht um mehr als bloßes Durchhalten – es geht darum, wie wir uns selbst wahrnehmen und was wir uns zutrauen.

Oft fühlen wir uns ständig überfordert. Der Druck im Job, die Anforderungen im Familienleben oder die Erwartungen der Gesellschaft – all das führt dazu, dass wir uns oft klein und machtlos fühlen. Die Aufgabenliste scheint endlos, und je mehr wir tun, desto größer wird der Berg. Doch ist es wirklich die Arbeit, die uns so überwältigt, oder ist es unsere Angst davor, ihr nicht gewachsen zu sein?

Ein Blick in die Wissenschaft zeigt: Stress entsteht weniger durch äußere Faktoren, sondern durch die Art und Weise, wie wir diese Faktoren wahrnehmen. Eine Studie der University of California belegt, dass Menschen, die Aufgaben als Bedrohung ansehen, oft schlechter darin sind, diese zu bewältigen. Im Gegensatz dazu schneiden diejenigen, die dieselben Aufgaben als Herausforderung begreifen, viel besser ab. Es liegt also nicht an der Arbeit selbst, sondern an unserem Denken darüber. Genau hier greift das Sprichwort: „Fürchte die Arbeit nicht!“ Denn die Arbeit hat keine eigene Macht – die einzige Kraft, die sie über uns hat, ist die, die wir ihr zuschreiben.

Stell dir vor, du stehst vor einem riesigen Berg an Arbeit. Vielleicht ist es eine wichtige Präsentation, ein Projekt oder eine Verantwortung, die auf deinen Schultern lastet. Der Druck wächst, und du hast das Gefühl, dieser Aufgabe nicht gerecht zu werden. Aber was, wenn wir den Blickwinkel ändern? Dreh den Spieß um: Es ist nicht die Arbeit, die dich herausfordert, sondern die Arbeit selbst ist nervös – weil sie weiß, dass du sie Schritt für Schritt bezwingen wirst. Klingt ungewöhnlich? Irgendwie schon, aber dieser Wechsel in der Perspektive kann eine enorme Wirkung haben.

Wie oft haben wir schon Situationen gemeistert, die uns zu Beginn überwältigend erschienen? Ob es der erste Tag im neuen Job war, die Abschlussprüfung oder auch die täglichen Herausforderungen des Lebens – wir alle haben solche Momente erlebt. Rückblickend stellen wir oft fest, dass es diese Momente sind, die uns stärker gemacht haben. Wir haben die Arbeit bezwungen, und sie hat uns nicht besiegt.

Genau deshalb sollten wir uns immer wieder sagen: Es ist nicht die Arbeit, die uns Angst machen sollte. Sie ist nichts weiter als eine Aufgabe, die darauf wartet, von uns angegangen zu werden. Der eigentliche Gegner ist unsere Angst. Diese Angst ist es, die uns lähmt, nicht die Arbeit selbst.

Und mit einer Prise Humor wird es sogar noch ein wenig leichter. Denk an all die kleinen Pannen, die im Alltag passieren. Das Missgeschick, wenn du versehentlich die falsche Taste drückst und die Präsentation verschwindet. Oder der Moment, in dem du feststellst, dass du den ganzen Tag mit einem Kaffeefleck auf dem Hemd herumliefst. Solche Situationen zeigen uns, dass Perfektion eine Illusion ist – und dass wir uns von kleinen Fehlern nicht entmutigen lassen sollten. Es sind oft diese kleinen Momente, die uns daran erinnern, dass es nicht die Arbeit ist, die uns definiert, sondern wie wir mit ihr umgehen.

Vielleicht war es genau das, was meine Großmutter und Mutter mir beibringen wollte, als sie mir diesen Satz immer wieder sagte: „Fürchte die Arbeit nicht, die Arbeit soll dich fürchten.“ Sie wollte mir nicht sagen, dass das Leben immer leicht sein wird oder dass ich keine Fehler machen darf. Vielmehr wollte sie mir zeigen, dass ich die Macht habe, meine Einstellung zu ändern – dass ich die Kontrolle habe, auch wenn die Aufgabe vor mir noch so groß erscheint.

Deshalb sollten wir uns in den Momenten, in denen uns die Angst überkommt, immer wieder sagen: „Fürchte die Arbeit nicht.“ Denn es ist nicht die Arbeit, die uns besiegt. Es ist die Angst vor ihr, die uns schwächt. Und wenn wir diese Angst überwinden, wird die Arbeit vor uns zurückweichen. Sie wird kleiner, machbarer – weil wir die Kontrolle übernommen haben.

In diesem Sinne: Hab keine Angst. Geh die Dinge an. Schritt für Schritt. Denn am Ende bist du es, der entscheidet, ob die Arbeit dich übermannt – oder ob sie es ist, die dich fürchten muss. Sag dir das immer wieder, wenn der Berg vor dir zu hoch erscheint. Denn du bist stärker, als du denkst.

Von Kamuran Cakir

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