Es ist ein Phänomen, das wohl jeder kennt: Ein gemütlicher Abend in geselliger Runde. Man stößt an, nimmt sich einen kurzen – und denkt sich, es bleibt dabei. Doch dann wird aus dem einen Getränk plötzlich ein zweites, ein drittes, und schon ist man mittendrin in einer Nacht, die sich länger und feuchtfröhlicher entwickelt, als geplant. Der Alkohol fließt, die Gespräche werden lauter, und in diesem Moment scheint die Welt ein bisschen leichter, die Sorgen ein bisschen ferner.

Doch dann kommt er. Der Morgen danach. Der Kater, der einen mit schwerem Kopf und trockener Kehle begrüßt. Was am Abend noch nach einer guten Idee klang, fühlt sich jetzt an, als würde das Gehirn in Watte eingehüllt. Jeder Gedanke ist träge, jeder Schritt eine Anstrengung. Es gibt wohl wenig, das so unerbittlich ist wie der Kater nach einer ausgelassenen Nacht. Es gibt keinen Ausweg, keinen schnellen Trick, ihn loszuwerden – man muss ihn einfach durchstehen.

Und dann – die Krönung des Ganzen: Man muss arbeiten. Nicht nur irgendeine Arbeit, sondern kreative Projekte, zusammen mit den gleichen Leuten, mit denen man sich am Vorabend über Gott und die Welt unterhalten hat. Während der Kopf dröhnt und der Magen rebelliert, heißt es nun, Lösungen zu entwickeln, Ideen zu schmieden und effizient zu sein. Ein Albtraum für jeden, der nicht im Schlaf kreativ ist.

Es ist interessant, wie der menschliche Körper funktioniert. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Alkohol nicht nur das Reaktionsvermögen verlangsamt, sondern auch das Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt. Das bedeutet, dass man weniger in der Lage ist, neue Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten – eine entscheidende Fähigkeit, wenn es darum geht, komplexe Projekte zu koordinieren. Das Gehirn arbeitet im Katermodus schlichtweg langsamer. Gleichzeitig steigt das Stresslevel. Forscher fanden heraus, dass die Kombination aus Schlafmangel, Dehydration und dem chemischen Ungleichgewicht, das durch Alkohol verursacht wird, den Cortisolspiegel erhöht – das Stresshormon, das einem das Gefühl gibt, dass alles irgendwie anstrengender ist, als es sein sollte.

Trotz all dieser körperlichen Herausforderungen gibt es etwas Faszinierendes an der Kater-Projektarbeit. Denn genau in diesen Momenten, in denen alles zu viel erscheint, entwickeln sich oft die besten Lösungen. Vielleicht, weil man gezwungen ist, auf den Kern der Sache zu kommen, weil der Kopf einfach nicht die Energie hat, sich in unwichtige Details zu verlieren. Oder weil man in seinem halb benebelten Zustand eine gewisse Gelassenheit entwickelt. Plötzlich sind die Probleme, die gestern noch riesig schienen, auf eine seltsam vereinfachte Weise lösbar.

Manchmal sind es diese Momente des Unwohlseins, die einen zwingen, aus der Komfortzone auszubrechen. Vielleicht ist das der Grund, warum viele kreative Köpfe die besten Ideen nach durchzechten Nächten haben. Es ist, als würde der Kater den inneren Zensor des Gehirns lahmlegen und den Weg für neue, unkonventionelle Denkansätze freimachen. Sicherlich nicht die gesündeste Methode, um an neue Ideen zu kommen, aber eine, die erstaunlich oft funktioniert.

Natürlich ist das keine Einladung, jetzt jedes Teammeeting mit einer Party am Vorabend einzuleiten. Die Wissenschaft zeigt auch ganz klar, dass regelmäßiges Trinken und Arbeiten im Katerzustand auf lange Sicht keine besonders erfolgreiche Strategie ist. Aber vielleicht sollte man sich beim nächsten Mal, wenn man verkatert in einem Projektmeeting sitzt, daran erinnern, dass man nicht allein ist. Jeder in der Gruppe hat ähnliche Erfahrungen gemacht, und wer weiß, vielleicht kommt gerade aus dieser kollektiven Erschöpfung eine brillante Idee.

So oder so, der Morgen danach bleibt eine Herausforderung. Doch wie heißt es so schön: Die besten Geschichten entstehen aus den Momenten, in denen man sich am wenigsten danach fühlt, sie zu erleben. Also Augen zu und durch – der Kater vergeht, das Projekt bleibt.

Von Kamuran Cakir

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