Es gibt Momente im Leben, da trifft uns ein Feedback wie ein Schlag. Ein Kollege, der uns auf einen Fehler hinweist, oder eine Lehrerin, die uns erklärt, warum unsere Lösung nicht funktioniert – solche Situationen können unangenehm sein. Doch was, wenn genau diese Momente der Schlüssel zu unserem Wachstum sind? Was, wenn gerade die Kritik, die uns zunächst klein macht, uns am Ende groß werden lässt?

Wir alle kennen das Gefühl der Unsicherheit. Vielleicht ist es das erste Mal, dass wir eine wichtige Präsentation halten, oder wir versuchen uns an einer neuen Aufgabe, bei der wir noch keine Routine haben. In diesen Momenten könnten wir versuchen, uns durchzuschlagen und so zu tun, als wüssten wir, was wir tun – oder wir könnten innehalten und fragen: „Was kann ich besser machen?“ Hier beginnt die wahre Magie des Feedbacks.

Aktuelle Forschungen zeigen, dass Unsicherheit oft ein starker Motor ist, um Feedback aktiv zu suchen. Wer sich seiner Sache nicht sicher ist, greift eher zu den Ratschlägen anderer. Und das Beste daran: Genau diese Ratschläge – selbst wenn sie hart klingen – machen uns besser. Negative Rückmeldungen, die uns auf Fehler hinweisen, haben das Potenzial, uns zu den besten Versionen unserer selbst zu machen. Doch warum fällt es uns so schwer, diese Chancen zu nutzen?

Stell dir einen Musiker vor, der auf einer großen Bühne steht. Jeder Ton zählt. Nach der Aufführung fragt er seine Kollegin: „Was denkst du?“ Sie könnte ihn einfach loben und ihm sagen, dass alles wunderbar war. Doch stattdessen weist sie ihn darauf hin, dass ein bestimmter Ton im Refrain leicht daneben lag. Eine schmerzhafte Erkenntnis, oder? Aber auch eine, die ihn in der nächsten Aufführung besser machen könnte. Genau hier zeigt sich der wahre Wert von Feedback: Es ist keine Bestätigung des Status quo, sondern eine Einladung, sich zu verbessern.

Es geht dabei nicht nur um berufliche oder akademische Situationen. Feedback spielt in allen Lebensbereichen eine Rolle. Denk an die Eltern, die ihrem Kind erklären, wie es sicherer Fahrradfahren kann, oder an einen Freund, der uns darauf hinweist, dass unsere letzte Entscheidung vielleicht nicht die beste war. Diese Hinweise mögen im Moment unangenehm sein, aber sie schaffen Raum für Wachstum. Sie geben uns die Möglichkeit, Dinge anders zu machen – besser zu machen.

Interessant ist, dass Studien gezeigt haben, dass Menschen weniger auf ihre Emotionen als auf die Informationen hinter dem Feedback reagieren. Die Angst, falsch zu liegen, tritt in den Hintergrund, wenn klar ist, dass die Rückmeldung uns tatsächlich weiterbringen kann. Und wenn ein klarer Anreiz hinzukommt – sei es eine Belohnung, eine bessere Leistung oder einfach die Anerkennung, dass man gelernt hat – fällt es uns leichter, diese Hürde zu überwinden.

Aber warum tun wir uns so schwer damit, Feedback anzunehmen? Vielleicht liegt es daran, dass es oft an unser Ego rührt. Es ist leichter, ein Lob zu hören als eine Kritik. Doch genau hier steckt der Schlüssel: Wer lernt, Kritik anzunehmen und sie nicht als Angriff, sondern als Geschenk zu sehen, wird unaufhaltsam. Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, besser zu werden. Schritt für Schritt, Rückmeldung für Rückmeldung.

Letztlich zeigt uns die Wissenschaft, dass Feedback nicht der Feind ist, sondern ein Verbündeter. Und wie jeder gute Verbündete fordert es uns heraus, an uns zu arbeiten. Vielleicht ist es an der Zeit, Feedback nicht mehr als unangenehme Pflicht, sondern als wertvolles Werkzeug zu betrachten. Denn wer die Kunst des Korrigiertwerdens beherrscht, hat den ersten Schritt in Richtung Erfolg gemacht – egal, ob auf der Bühne des Lebens, im Büro oder im Klassenzimmer.

Von Kamuran Cakir

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