Elternsein ist ein Abenteuer, das in keinem Ratgeber wirklich vollständig beschrieben werden kann. Es ist eine Mischung aus Mut, Hingabe, Geduld und immer wiederkehrendem Infragestellen der eigenen Fähigkeiten. Sind wir gute Eltern? Diese Frage stellt sich irgendwann jeder von uns, oft dann, wenn wir uns mit Situationen konfrontiert sehen, die uns herausfordern. Da ist das Kleinkind, das sich mitten im Supermarkt auf den Boden wirft, weil es die Süßigkeiten nicht bekommt, oder der Teenager, der mit verschränkten Armen und einem genervten Blick fragt: „Warum verstehst du das nicht?“ Doch genau diese Momente sind es, die uns wachsen lassen – als Eltern und als Menschen.

Eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist nicht das Ergebnis von Perfektion, sondern von Authentizität und der Bereitschaft, dazuzulernen. Kinder sind von Natur aus kleine Spiegel. Sie zeigen uns ungeschönt, wo wir stehen: Sind wir gestresst, werden sie quengelig. Sind wir ungeduldig, schlagen sie die Tür zu. Aber sind wir liebevoll, ehrlich und klar, dann erwidern sie dies oft mit Vertrauen und Offenheit.

Dabei ist eine der wichtigsten Aufgaben von Eltern, ihre Kinder zu stärken – ihnen den Raum zu geben, sie selbst zu sein, und ihnen gleichzeitig den Halt zu bieten, den sie brauchen. Selbstbewusstsein ist kein Geschenk, das man einfach überreicht, sondern etwas, das sich aus vielen kleinen Erfahrungen aufbaut. Es entsteht, wenn ein Kind merkt, dass es gehört wird, dass seine Meinung zählt, und dass es auch dann geliebt wird, wenn es Fehler macht.

Aber was macht uns so oft unsicher? Vielleicht sind es die Bilder in den sozialen Medien, die uns scheinbar perfekte Familien zeigen. Oder die Nachbarn, deren Kinder angeblich nie widerwortig sind. Doch in Wahrheit ist keine Familie perfekt. Jedes Kind hat mal schlechte Laune, und jeder Elternteil hat Momente, in denen die Geduld dünn wird. Wichtig ist, wie wir mit diesen Momenten umgehen. Können wir uns nach einem Streit entschuldigen? Können wir auch einmal zugeben, dass wir überreagiert haben? Kinder lernen von unserem Verhalten. Wenn sie sehen, dass wir bereit sind, Fehler einzugestehen, lernen sie, dass auch sie nicht perfekt sein müssen.

Ein weiterer Schlüssel zu einer starken Beziehung ist der Respekt vor den Gefühlen des Kindes. Ein Wutanfall ist für uns vielleicht anstrengend, für das Kind aber ein Ausdruck von Überforderung. Indem wir hinsehen und zuhören, statt die Situation einfach zu beenden, zeigen wir, dass wir sie ernst nehmen. Ein einfaches „Ich sehe, dass du gerade wütend bist. Magst du mir sagen, warum?“ kann oft mehr bewirken als ein „Hör sofort auf damit!“

Natürlich ist es nicht immer leicht, die Balance zu finden zwischen dem Bedürfnis, das Kind zu schützen, und dem Wunsch, es loszulassen. Besonders dann, wenn Kinder ihre eigenen Entscheidungen treffen wollen. Doch Vertrauen ist ein wesentlicher Baustein einer guten Beziehung. Wenn wir unseren Kindern vermitteln, dass wir an sie glauben, geben wir ihnen den Mut, Risiken einzugehen – und das Wissen, dass wir da sind, wenn etwas schiefgeht.

Elternsein bedeutet auch, sich selbst wichtig zu nehmen. Es ist kein Zeichen von Egoismus, wenn wir uns Zeit für unsere eigenen Interessen nehmen. Im Gegenteil: Kinder profitieren davon, wenn sie sehen, dass ihre Eltern eigene Hobbys und Freunde haben. Es zeigt ihnen, dass Selbstfürsorge wichtig ist und dass sie lernen dürfen, auch auf sich selbst zu achten.

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die eine gute Beziehung ausmachen: ein gemeinsames Lachen, ein unerwartetes „Ich bin stolz auf dich“ oder einfach nur die Zeit, in der man wirklich zuhört, ohne nebenbei aufs Handy zu schauen. Kinder spüren, ob sie für uns Priorität haben, und sie wachsen daran, wenn sie merken, dass unsere Liebe nicht an Bedingungen geknüpft ist.

Am Ende des Tages geht es nicht darum, perfekte Eltern zu sein. Es geht darum, für unsere Kinder da zu sein, ehrlich, verlässlich und mit einem offenen Herzen. Sie werden uns dafür nicht immer mit Dankbarkeit überschütten – oft kommt eher ein genervtes Augenrollen. Doch in diesen Momenten dürfen wir uns sicher sein: Wir machen einen guten Job. Denn Kinder, die sich frei fühlen, ihre Meinung zu sagen, und wissen, dass sie bedingungslos geliebt werden, sind der beste Beweis dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Von Kamuran Cakir

Aus einem anderen Blickwinkel

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner