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Ein Mensch sitzt auf einer Parkbank, die Sonne wärmt das Gesicht, Blätter rauschen im Wind, und doch liegt eine unerklärliche Schwere im Inneren. Später lacht er im Gespräch mit Freunden und wundert sich gleichzeitig über die feine Traurigkeit, die nicht weicht. Am nächsten Morgen duftet der Kaffee, das Licht fällt schräg durchs Fenster, und trotzdem drückt etwas im Magen. Diese Momente sind uns allen vertraut, und sie zeigen, dass Wohlbefinden und Unwohlsein keine Gegensätze sind, die sich ablösen wie Tag und Nacht. Sie laufen nebeneinander, manchmal wie zwei Melodien im Einklang, manchmal disharmonisch, und gerade dieses Nebeneinander macht das Leben so echt.

Die Forschung bestätigt inzwischen, was wir längst spüren. Die seelische Gesundheit ist schließlich kein einfacher Schalter von dunkel zu hell. Sie ist ein Geflecht, in dem Freude, Sinn, Belastung und Schmerz ineinander übergehen. Ein Mensch kann aufblühen, weil er nach seinen Werten handelt, und trotzdem von Sorgen eingeholt werden. Er kann erschöpft sein und zugleich zufrieden, verwundet und dennoch voller Hoffnung.

Die moderne Forschung bestätigt, was wir längst im Alltag fühlen. Gesundheit ist nicht die reine Abwesenheit von Kummer. Es gibt nicht nur eine Skala von schlecht zu gut, sondern viele Ebenen, die ineinandergreifen. Ein Mensch kann an einem Tag mit den Kindern lachen und abends von Sorgen überwältigt sein. Oder er kann trotz einer chronischen Krankheit Zufriedenheit erleben, weil er seinen Tag nach den eigenen Werten gestaltet. Das Leben ist kein einfaches Plus-Minus-Konto, sondern ein Netz, in dem verschiedene Fäden zusammenlaufen.

Gerade von älteren Menschen hören wir sehr oft, dass sie in vielen Augenblicken gleichzeitig Belastung und Dankbarkeit empfinden. Wer solche Erfahrungen ernst nimmt, versteht, warum Sinn und Werte eine so wichtige Rolle spielen. Wer weiß, was ihm wichtig ist, trägt Kummer leichter. Der Sinn ersetzt nicht den Schmerz, aber er macht ihn tragbar. So wird ein dunkler Moment nicht zu einem Loch, sondern zu einem Abschnitt auf einem Weg, der weiterführt.

Auch der Körper trägt seinen Teil bei. Unser Nervensystem ist ein fein abgestimmtes Schaltpult, das ständig zwischen Anspannung und Entspannung wechselt. Gelingt dieses Umschalten, fühlen wir uns innerlich beweglicher. Deshalb können schon kleine Alltagsentscheidungen den Unterschied machen, so zum Beispiel durch zehn Minuten Bewegung ohne Druck, durch einen bewussten Atemzug, durch einen Abend, an dem das Handy ausgeschaltet bleibt. Es sind keine Wundermittel, aber sie geben dem Körper die Chance, wieder in Balance zu finden.

Das soziale Netz spielt dabei aber eine ebenso entscheidende Rolle. Einsamkeit ist daher nicht nur das Fehlen von Menschen, sondern das Gefühl, dass niemand wirklich nah ist. Wo Begegnung gelingt, wo jemand gesehen wird, wächst aber die seelische Stabilität. Ein kurzer Anruf, ein unerwartetes Lächeln, eine kleine Geste können weit mehr bewirken, als man vermuten würde. Oft sind es diese scheinbar unscheinbaren Momente, die das innere Klima heller machen.

Auch die Natur wirkt wie ein stiller Begleiter. So genügt manchmal schon der Blick ins Grün, um dem Geist Raum zu geben. Der Körper spürt diese Entlastung, und die Stimmung folgt häufig nach.

Wichtig ist jedoch, nicht in die Falle des Alles oder Nichts zu geraten. Ein Tag darf Widersprüche enthalten. Man darf morgens auch einmal traurig und abends heiter sein, darf weinen und im nächsten Moment dann schon wieder lachen. Gerade diese Gleichzeitigkeit macht doch das Leben so menschlich. Es wäre ein Irrtum, darauf zu warten, dass erst alles Schwere verschwindet, bevor man das Gute zulässt.

Wer sich bewusst macht, dass Unwohlsein und Wohlbefinden nicht Feinde, sondern Begleiter sind, wird entschieden freier. Manchmal reicht schon ein kleiner Perspektivwechsel, um die Last anders zu tragen wie ein kurzer Spaziergang ohne Ablenkung, ein Lachen über eine alltägliche Panne oder nur ein ehrliches Gespräch. So entsteht langsam ein Muster, das tragfähiger ist als die Vorstellung von einem Leben, das nur leicht und unbeschwert sein müsste.

Das Gute und das Schwere werden uns also immer begleiten. Und genau darin liegt die Tiefe. Es sind die Spannungen, die uns wachsen lassen und ebenso die Mischung aus hell und dunkel, die unser Wohlbefinden vielschichtiger macht. Wer das annimmt, lebt nicht weniger schwer, aber er lebt vollständiger. Und vielleicht ist es genau das, was seelische Gesundheit im Kern bedeutet.

Von Esra Toca

wo Lyrik auf Realität trifft