Der Sommer neigt sich dem Ende zu, die Tage werden kürzer, und die Rucksäcke der Schüler in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern werden wieder gepackt. Mit dem Schulstart beginnt ein neues Kapitel, das für viele von uns mit gemischten Gefühlen einhergeht. Eltern, Kinder, und auch die Lehrer stehen nun vor einer Zeit des Neuanfangs, die gleichzeitig von Erwartungen, Wünschen, Sorgen und Altlasten geprägt ist. Doch worauf sollten wir uns wirklich fokussieren, um diese Zeit nicht nur gut zu überstehen, sondern sie als eine Phase der Motivation, Mobilisierung und Begeisterung zu erleben?

Stellen wir uns einmal vor, das neue Schuljahr ist wie eine Reise. Es gibt eine Karte, aber der Weg ist nicht vorgezeichnet. Manche Passagen sind vertraut, andere unbekannt. Es wird steinige Wege geben, aber auch glatte Straßen. Und wie bei jeder Reise sind es nicht nur die Ziele, die zählen, sondern auch die Erfahrungen und Lektionen, die man unterwegs sammelt.

Für Eltern und Erwachsene stellt sich in dieser Zeit oft die Frage: Wie können wir unsere Kinder unterstützen? Wie können wir sicherstellen, dass sie nicht nur in der Schule erfolgreich sind, sondern auch als Individuen wachsen? Die Antwort liegt nicht in endlosen Nachhilfestunden oder strengen Zeitplänen. Vielmehr geht es darum, eine Umgebung zu schaffen, in der Kinder sich sicher fühlen, Fehler zu machen, zu lernen und neugierig zu sein.

Wir müssen immer daran denken: Motivation ist der  Schlüsselbegriff. Kinder brauchen das Gefühl, dass das, was sie tun, sinnvoll ist. Ein einfaches Beispiel dazu: Ihr Kind kommt nach Hause und erzählt stolz von einem selbstgeschriebenen Gedicht, das es im Unterricht vorgestellt hat. Anstatt sich nur auf die Bewertung zu konzentrieren, könnte man fragen: „Wie hast du dich gefühlt, als du das Gedicht geschrieben hast? Was hat dir dabei Spaß gemacht?“ Solche Fragen lenken den Fokus weg von der Leistung und hin zu den Emotionen und dem kreativen Prozess. Das Kind merkt: Meine Gefühle und Gedanken sind wichtig, nicht nur die Note.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Balance zwischen Struktur und Freiheit. Kinder brauchen klare Regeln und Grenzen, um sich orientieren zu können. Gleichzeitig sollten sie genug Freiraum haben, um ihre eigenen Interessen zu entdecken. Ein gutes Beispiel ist der Vergleich mit einem Garten. Man gibt den Pflanzen den Raum zu wachsen, aber sorgt auch dafür, dass Unkraut entfernt wird und die Pflanzen genug Wasser bekommen. So sollten auch Kinder geführt werden: Mit genug Struktur, um nicht verloren zu gehen, aber auch mit genug Freiheit, um sich zu entfalten.

Und dann sind da noch die Altlasten – die negativen Erfahrungen des letzten Schuljahres, die Unsicherheiten, die vielleicht noch nachhallen. Hier ist es entscheidend, nicht in die Vergangenheit zu schauen, sondern nach vorne. Eltern sollten versuchen, ihre eigenen Ängste nicht auf die Kinder zu übertragen. Wenn ein Kind mit Mathematik Probleme hatte, ist es verlockend, es mit zusätzlichen Übungsstunden zu überhäufen. Doch es kann hilfreicher sein, das Kind zu ermutigen, in diesem Jahr einen neuen Ansatz zu probieren, vielleicht sogar eine kreative Herangehensweise, die Spaß macht. Denn Angst vor einem Fach kann nur durch positive Erfahrungen und Erlebnisse überwunden werden.

Und was ist mit den Erwachsenen? Auch wir beginnen jedes Jahr aufs Neue mit Erwartungen – und manchmal auch mit Sorgen. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass wir nicht perfekt sein müssen. Es gibt Tage, an denen alles reibungslos läuft, und andere, an denen der Zeitplan aus den Fugen gerät. Was zählt, ist die Gelassenheit, mit der wir diese Herausforderungen angehen. Denn Kinder lernen nicht nur durch das, was wir sagen, sondern auch durch das, was wir tun. Wenn sie sehen, dass wir uns selbst verzeihen können, wenn etwas schiefgeht, lernen sie, sich selbst auch mit Nachsicht zu begegnen.

Schließlich ist Humor ein wunderbares Mittel, um den Schulalltag zu bewältigen. Ein Lachen kann Spannungen lösen und eine positive Atmosphäre schaffen. Wenn Ihr Kind am ersten Schultag mit der falschen Socke zur Schule geht, machen Sie eine witzige Bemerkung darüber, anstatt sich zu ärgern. Solche kleinen Momente des Humors bleiben in Erinnerung und können den Unterschied machen.

Am Ende des Tages geht es darum, dass wir alle – Eltern, Kinder, Lehrer – auf dieser Reise gemeinsam unterwegs sind. Es wird Herausforderungen geben, aber auch unzählige Möglichkeiten zu wachsen, zu lernen und neue Wege zu entdecken. Wenn wir den Fokus darauf legen, Freude am Lernen zu haben, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen und mit einer Portion Humor durch den Alltag zu gehen, können wir nicht nur unsere Kinder, sondern auch uns selbst motivieren, mobilisieren und begeistern.

Die neue Schulreise hat begonnen – und sie wird voller Abenteuer, Entdeckungen und vielleicht auch ein paar Umwegen sein. Aber das Wichtigste ist, dass wir uns darauf freuen und den Weg mit Neugier und Offenheit gehen.

Von Kamuran Cakir

Aus einem anderen Blickwinkel

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