Es gibt einen entscheidenden Irrtum, dem viele Menschen verfallen, wenn sie das Wort „Führungskraft“ hören. Sie stellen sich jemanden vor, der immer weiß, was zu tun ist. Jemanden, der keine Zweifel kennt, der in jeder Situation die Kontrolle behält und der mit einem Lächeln im Gesicht selbst die schwierigsten Aufgaben meistert. Aber mal ehrlich – ist das wirklich so? Oder ist es vielleicht genau umgekehrt?

Um eine wirklich gute Führungskraft zu werden, muss man zuerst erkennen, dass man nicht perfekt ist. Ja, richtig gehört. Gute Führung beginnt nicht mit dem unerschütterlichen Glauben an die eigene Überlegenheit, sondern mit dem Eingeständnis, dass man als Mensch Fehler macht. Und das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Denn wer das erkennt, hat den ersten Schritt auf dem Weg zu wahrer Führungsstärke getan.

Stell dir vor, du stehst in einem Teammeeting und merkst, dass die Dinge nicht so laufen, wie geplant. Es ist leicht, die Schuld auf andere zu schieben. „Der Plan war klar, warum haben sie es nicht hinbekommen?“ Doch eine gute Führungskraft fragt sich: „Habe ich klar genug kommuniziert? Habe ich meinem Team die richtigen Werkzeuge an die Hand gegeben?“ Vielleicht ist die Antwort ja ein leises „Nein“. Und das ist der Moment, in dem du als Führungskraft wächst. Du lernst, statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, den Blick nach innen zu richten. Fehler sind nicht das Ende, sondern der Anfang von Verbesserung. Und das gilt auch für die Führung selbst.

Führungskräfte, die sich unfehlbar wähnen, landen schnell in einer Sackgasse. Sie überfordern sich, weil sie glauben, immer alles allein zu wissen. Sie isolieren sich, weil sie meinen, die Schwächen zu verbergen. Doch der Druck, perfekt zu sein, führt irgendwann dazu, dass sie die Verbindung zu ihrem Team verlieren. Der Witz an der Sache? Ihr Team bemerkt ihre Fehler ohnehin. Und das wiederum führt zu Respektverlust – nicht, weil sie Fehler machen, sondern weil sie sie nicht zugeben.

Eine gute Führungskraft ist also jemand, der den Mut hat, verletzlich zu sein. Mut, Fehler offen anzusprechen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Dabei geht es nicht darum, Schwäche zu zeigen, sondern Menschlichkeit. Und das ist, was die besten Führungskräfte auszeichnet: Sie sind menschlich. Sie schaffen eine Atmosphäre, in der Menschen wachsen können, weil sie wissen, dass Scheitern nicht das Ende ist, sondern Teil des Lernprozesses.

Denk an ein Beispiel aus deinem Alltag. Vielleicht hast du schon mal erlebt, dass ein Vorgesetzter plötzlich ungeduldig oder gereizt reagiert, weil etwas nicht auf Anhieb geklappt hat. Es hinterlässt ein Gefühl von Frustration – nicht nur bei dir, sondern auch bei allen anderen im Raum. Und das ist der Punkt: Wie oft wünschen wir uns, dass der Chef in solchen Momenten einfach sagt: „Leute, das ist schiefgelaufen. Lasst uns gemeinsam schauen, wie wir das besser machen können.“ Diese eine einfache Geste ändert alles. Sie schafft Vertrauen. Sie zeigt, dass man nicht alleine ist. Und genau das motiviert zu Höchstleistungen – weil es nicht nur um den Erfolg geht, sondern um das Miteinander.

Wissenschaftliche Studien belegen übrigens, dass Führungskräfte, die Schwächen zeigen, tatsächlich besser von ihrem Team unterstützt werden. Eine Studie der Harvard Business Review zeigte, dass Führungskräfte, die Verletzlichkeit zeigen, eher als authentisch wahrgenommen werden – und das wiederum führt zu einem stärkeren Teamzusammenhalt. Denn nichts verbindet Menschen mehr, als das Wissen, dass auch die Person an der Spitze nicht perfekt ist.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Humor. Eine gute Führungskraft weiß, dass das Leben nicht immer todernst ist. Sie bringt Leichtigkeit in die schweren Momente. Stell dir vor, du hast einen Vorgesetzten, der in stressigen Situationen plötzlich einen lockeren Spruch bringt, der die Anspannung im Raum auflöst. Es gibt nichts Mächtigeres, als gemeinsam über eine missglückte Situation zu lachen. Es zeigt, dass Fehler Teil des Weges sind – und dass es nichts gibt, was man nicht wieder in Ordnung bringen könnte. Humor verbindet. Er schafft Nähe und bringt das Team zusammen.

Am Ende des Tages bist du als Führungskraft nicht der „Held“, der alle Antworten hat. Du bist ein Begleiter. Ein Mentor. Jemand, der andere inspiriert, ihre beste Version von sich selbst zu sein – weil du selbst auf dem Weg dorthin bist. Du weißt, dass du nicht immer die perfekte Entscheidung triffst. Aber du weißt auch, dass du immer besser werden kannst – gemeinsam mit deinem Team. Und das ist es, was wahre Führung ausmacht.

Also, wenn du das nächste Mal in einer Führungsrolle bist und der Druck zunimmt, denk daran: Es ist okay, nicht alles zu wissen. Es ist okay, Fehler zu machen. Und es ist vor allem okay, das zuzugeben. Denn das macht dich nicht schwächer, sondern stärker – und es wird dein Team motivieren, dir zu folgen. Nicht, weil du perfekt bist, sondern weil du menschlich bist.

Von Kamuran Cakir

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