Manchmal sieht man sie schon aus der Ferne: diese Aufgaben, die schwer im Magen liegen. Das Telefonat, vor dem man sich drückt, der Bericht, der dringend fertiggestellt werden muss, oder das Projekt, bei dem man schlicht nicht weiß, wo man anfangen soll. Brian Tracy, der Experte für Zeitmanagement, nennt das „Eat the frog“ – die Methode, den „Frosch“ zuerst zu essen, also mit dem unangenehmsten To-do in den Tag zu starten. Eine kleine Überwindung kann den Unterschied machen, wie produktiv und entspannt man durch den Tag geht.
In der Psychologie gibt es eine einfache Erklärung dafür, warum wir solche Aufgaben lieber aufschieben. Die unangenehmen, die stressigen oder herausfordernden Dinge erzeugen in uns negative Emotionen – wer will die schon gerne gleich am Morgen fühlen? Doch gerade dieses Muster ist es, das uns oft in einen Kreislauf aus Vermeidung und Stress bringt. Jede aufgeschobene Aufgabe wächst im Kopf zu einem kleinen Monster heran, und plötzlich bleibt wenig Platz für die angenehmen Dinge des Tages. Wer jedoch beginnt, diese Strategie umzusetzen, entdeckt oft ein erstaunliches Phänomen: Hat man den „Frosch“ erst einmal verdaut, fühlt sich der Rest des Tages umso leichter an.
Nehmen wir einmal an, es ist Montagmorgen. Der Wecker klingelt, der Kaffee duftet, und neben dem Laptop wartet die To-do-Liste, die sich am Wochenende wie von selbst verlängert hat. Da wäre die unangenehme E-Mail an den Kollegen, bei der jedes Wort gut bedacht sein muss. Oder die Präsentation, bei der die Datenlage noch löchrig ist. Die meisten Menschen würden vermutlich erst einmal andere, angenehmere Aufgaben auswählen – vielleicht ein paar E-Mails beantworten, einen schnellen Überblick über die Zahlen verschaffen. Doch genau das ist es, was die Methode „Eat the frog“ verhindern will: Statt die leichteren Aufgaben vorzuziehen und die herausfordernde Aufgabe vor sich herzuschieben, fängt man mit dem größten Brocken an.
Wissenschaftlich gesehen, spielt hier auch der sogenannte „Zeigarnik-Effekt“ eine Rolle: Menschen erinnern sich länger und intensiver an unterbrochene oder nicht vollendete Aufgaben. Das heißt, diese unerledigten To-dos schleppen wir mental mit uns herum und sie beanspruchen immer wieder Energie. Und je länger wir die „Frösche“ vor uns herschieben, desto mehr Raum nehmen sie in unserem Denken ein – oft völlig unnötig. Tatsächlich kann das erste Erledigen der größten Aufgabe eine mentale Last von den Schultern nehmen und uns Energie zurückgeben.
Aber wie schafft man das in der Praxis? Ein einfacher Tipp ist, zunächst einmal die To-do-Liste des Tages durchzugehen und die „Frösche“ klar zu benennen. Was ist die Aufgabe, die einem den meisten Widerstand abverlangt? Ein erster Schritt in diese Richtung ist fast immer der schwerste. Es geht darum, sich wirklich kurz zu überwinden und anzufangen – ein Anruf, ein erster Satz auf dem leeren Blatt Papier, eine Frage an den Kollegen. Mit jedem kleinen Fortschritt wird die Last spürbar leichter, und am Ende des Tages stellt man oft fest: Der „Frosch“ war gar nicht so zäh, wie man dachte. Stattdessen hat das morgendliche „Mahl“ sogar Energie freigesetzt und dafür gesorgt, dass man sich den restlichen Aufgaben mit mehr Leichtigkeit widmen konnte.
Und falls das Motivieren für den morgendlichen „Frosch“ doch schwerfällt, hilft vielleicht dieser Gedanke: Einmal geschafft, ist es, als hätte man sich selbst eine kleine Belohnung erarbeitet. Man kann mit einer gewissen Genugtuung auf die eigene Disziplin blicken und entspannt in den Rest des Tages starten. Der Stress bleibt gering, die Produktivität hoch und die Stimmung gleich viel positiver.
So simpel es klingt, die Methode „Eat the frog“ kann einen großen Einfluss auf unseren Arbeitsalltag haben. Sie zeigt uns, dass es oft nicht darum geht, was wir tun, sondern in welcher Reihenfolge. Wer sich den schwersten Aufgaben zuerst widmet, der setzt sich selbst ans Steuer und lenkt den Tag in die richtige Richtung – und gibt dem „Frosch“ keine Chance, über die Maßen zu wachsen.